Bereits bevor ich das lichtdurchflutete Büro von Projekt Gold betrete, werde ich auf dem Flur im Kreativwirtschaftszentrum C-Hub von Hündin Lala begrüßt, die genau so neugierig ist wie ich. Ich bin zu Gast bei Projekt Gold, einer freien Filmproduktion, die von Mario A. Conte und Simone Wendel gemeinsam im Jahr 2005 gegründet wurde. Sie sind unter anderem für ihre beeindruckenden kurzen Porträtfilme über interessante Kreative aus Mannheim wie der 3-Sterne Koch Juan Amador, der Musiker Ziggy Has Ardeur und die Gründer Lukas und Maria von von Jungfeld, über die wir bereits berichtet haben, bekannt. Simone hat außerdem einen sehr interessanten und amüsanten Dokumentarfilm über das pfälzische Dorf Kallstadt gedreht, aus dem die Vorfahren von keinem geringeren als US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump stammen, über den aktuell viel gesprochen wird.
Was es mit den Porträts genau auf sich hat, was sie sonst noch im Filmbereich alles machen und was ihnen speziell an Mannheim gefällt, lest ihr in jetzt in unserem ausführlichen Interview mit den Gründern Simone und Mario:
Was macht Projekt Gold?
Simone: Wir machen Filme, immer mit dem Versuch sie möglichst dicht und idealtypisch zu gestalten und das ganze in einem recht breiten Genre- bzw. Format-Spektrum. Dazu gehören sowohl szenische als auch dokumentarische Filme. Ich bin diejenige von uns beiden, die Dokumentarfilme macht und gerne Menschen portraitiert. Außerdem experimentiere ich gerne. Mario ist eher der klassische Filmemacher, der gerne Geschichten erzählt und beispielsweise auch Spielfilme dreht. In dieser Kombination entstehen unsere Projekte. Man könnte auch sagen Mario ist der Erfinder und ich bin der „Finder“.
Mario: Wir initiieren die meisten Projekte selbst. Auch bei den Auftragsarbeiten sieht es oft so aus, dass wir an die Leute herantreten und schon eine Idee haben. Wir machen außerdem sehr viel selbst zum Beispiel in der Postproduktion, also Schnitt und Effekte.
Was ist Eure Vision beim Thema Bewegtbild?
Simone: Ich würde gerne nur noch Projekte machen, die absolut Sinn und Spaß machen, bei denen man eintauchen kann und alles was man zur Verfügung hat rein gibt. Das hat natürlich auch was mit dem nötigen künstlerischen Freiraum zu tun. Und mein neues Wunschprojekt sind 100 Kurzfilm-Portraits – weltweit über Menschen mit dem Potential die Gesellschaft zu inspirieren.
Mario: Ich plane nun meinen ersten Spielfilm. Es kamen vorher immer verschiedene Dinge dazwischen und jetzt bin ich sehr froh, das endlich anzugehen!
Ist Bewegtbild das bessere Foto?
Simone: Auf keinen Fall! Das kann man nicht vergleichen. Ein Film ist viel komplexer als ein bewegtes Bild. Im besten Fall soll ein Film viel mehr auslösen durch seine Vielschichtigkeit als nur ein bewegtes Foto.
Mario: Nein! Das ist einfach etwas ganz Anderes. Es gibt sehr viele tolle Filme, die schlagen jedes Foto, es gibt aber genau so viele tolle Fotos, die jeden Film schlagen! Beides kann großartig sein.
Was könnt Ihr zu Mannheim-Projekt Gold sagen?
Mario: Ich bin irgendwann nachts aufgewacht und habe gedacht: man müsste mal etwas für die Stadt machen, was anders ist! Mir ging es darum, nicht nur verschiedene Stadtansichten zu zeigen, sondern Menschen vorzustellen, die einen Teil der Stadt repräsentieren. Wir haben dann Personen ausgesucht, die wir interessant finden und haben sie aus ihrem Alltags- und Berufsleben erzählen lassen. Das Besondere daran ist die Kürze. Wir wollten keine Dokumentation machen, sondern ganz kurz aber trotzdem tief in das Leben der Dargestellten eintauchen. Angefangen hat das Ganze 2012, inzwischen sind wir schon bei Staffel 2.
Simone: Uns ist es hierbei wichtig dabei die Potentiale zu zeigen, die in diesen Menschen schlummern. Wir hoffen, dass es noch eine dritte Staffel gibt!
Wie geht ihr bei der Themenfindung für die Mannheim Portraits vor? Inwieweit ist die Stadt bei der Entscheidungsfindung mit eingebunden?
Simone: Bei der ersten Staffel waren wir komplett frei in unserer Themenwahl und haben deshalb auch Personen ausgewählt, die sehr unterschiedlich sind. Das ging dann vom Sternekoch über eine Figurenspielerin bis zum Lichtkünstler. In der zweiten Staffel hatten wir eine etwas klarere Überschrift: Design und Musik. Daraufhin haben wir mit der Suche begonnen und viele potentielle Protagonisten getroffen. Die Wirtschaftsförderung gibt uns da immer immens Freiraum, wahrscheinlich weil sie auch wissen, dass Freiraum qualitätssteigernd ist.
Mario: Natürlich gibt es bestimmte Rahmenbedingungen, aber wir haben wirklich viele Freiheiten von Seiten der Stadt.
Was begeistert Euch an Mannheim?
Simone: Was ich an Mannheim schon immer mochte, ist der schlechte Ruf (lacht). Ich finde es super, dass ich hier nicht ständig jubeln muss, wie toll diese Stadt doch ist. Außerdem gefällt mir die Kiez-Vielfältigkeit, die es hier gibt. Als Kreativer lebt man hier sowieso sehr gut, auch das C-hub ist nicht der schlechteste Schuppen (lacht). Ich schätze außerdem die Freiheit und Toleranz hier.
Mario: Ich finde es beeindruckend, dass hier so viele verschiedene Menschen auf so engem Raum miteinander leben können. Das funktioniert gerade im Jungbusch sehr gut. Hier liegt die Szenebar neben der uralten Pizzeria und alle verstehen sich! Dadurch, dass Mannheim so klein ist, sind die Wege auch nicht so weit.
Was sind Eure Lieblingsorte in Mannheim?
Simone: Ich bin gerne in Cafés. Dort kann ich nachdenken, Notizen machen und gleichzeitig ist es um mich herum immer lebendig. Ich finde außerdem die Aral Tanke hier im Jungbusch super, besonders abends. Das hat so etwas Unaufgeregtes.
Mario: Ich gehe sehr gerne am Neckar mit Lala, meinem Hund, spazieren.
Wie gefällt es Euch im C-Hub?
Simone: Sehr gut! Wir müssen allerdings unsere Nachbarn aus den anderen Etagen noch besser kennen lernen. Ich treffe im Fahrstuhl immer verschiedene Mieter und frage dann nach, was sie so machen (lacht). Außerdem liebe ich es, hier aus dem C-Hub abends raus zu schauen.
Mario: Das C-Hub ist allein architektonisch toll. Ich freue mich außerdem sehr auf den Sommer, wenn man hier zusammen am Wasser sitzen kann.
Fotos: Sebastian Weindel (www.sebastian-weindel.de)
Besucht die Homepage:
http://www.projekt-gold.de/
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